G-BA hat für die Liposuktion entschieden

Wichtige Änderungen für Lipödem-Betroffene: Liposuktion als Kassenleistung – aber mit Einschränkungen

Am 17. Juli 2025 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) eine weitreichende Entscheidung getroffen: Die Liposuktion wird unter bestimmten Voraussetzungen (und vorbehaltlich der Prüfung durch das Bundesgesundheitsministerium und der Festlegung der Abrechnungsziffern durch den Bewertungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen) ab 2026 als Regelleistung von den gesetzlichen Krankenversicherungen übernommen. Diese Entscheidung betrifft alle Stadien des Lipödems – eine langfristig wichtige Entwicklung für viele Betroffene. Doch wie so oft bei solchen Entscheidungen, gibt es auch kritische Punkte, die wir im Blick behalten sollten.

Was bedeutet diese Entscheidung konkret?

Zunächst einmal ist es eine positive Nachricht, dass Liposuktion nun als Regelleistung anerkannt wird. Für viele von uns, die mit den Schmerzen und den körperlichen Einschränkungen des Lipödems leben, ist diese Entscheidung ein Schritt in die richtige Richtung. Die Liposuktion wird für alle Stadien des Lipödems anerkannt, was sie prinzipiell für einen größeren Personenkreis zugänglich macht.

Jedoch wird die Liposuktion nur unter sehr spezifischen medizinischen Voraussetzungen von den Krankenkassen übernommen. Dies betrifft sowohl die Kriterien zur Indikationsstellung als auch zur praktischen Durchführung der Liposuktion. Einige dieser Anforderungen werden für viele Betroffene eine große Hürde darstellen.

Was sind die Voraussetzungen für die Liposuktion?

Laut Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) gibt es klare Vorgaben, die erfüllt sein müssen, damit die Liposuktion als Kassenleistung anerkannt wird:

  1. Keine Gewichtszunahme in den letzten sechs Monaten
    Eine Voraussetzung für die Liposuktion ist, dass in den sechs Monaten vor der Indikationsstellung keine signifikante Gewichtszunahme erfolgt ist. Das bedeutet, dass stabile Gewichtsverhältnisse nachgewiesen werden müssen.
  2. BMI und Waist-to-Height-Ratio (WHtR)
    Bei einem Body-Mass-Index (BMI) zwischen 32 und 35 kg/m² ist die Liposuktion nur dann möglich, wenn das sogenannte „Waist-to-Height-Ratio“ (Taille-zu-Größe-Verhältnis) unterhalb der altersentsprechenden Grenzwerte liegt, ansonsten muss der BMI unter 32 kg/m² sein. Dies könnte zu einem zusätzlichen bürokratischen Aufwand führen, um diesen Wert nachzuweisen und zu dokumentieren, ganz zu schweigen von der erforderlichen u.U. erheblichen Gewichtsabnahme.
  3. Behandlung bei höherem BMI
    Für Patienten mit einem BMI von mehr als 35 kg/m² ist die Liposuktion nur dann als Kassenleistung zugänglich, wenn zuvor eine Behandlung der Adipositas erfolgt ist. In diesen Fällen wird die Liposuktion nicht direkt als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen, sondern ist nur nach erfolgreicher Behandlung der Adipositas möglich. Das bedeutet konkret: Erreichung eines BMI unter 32 bzw. zwischen 32 und 35 kg/m² mit entsprechendem WTHR. Das ist anders als z.B. bei Ernährungstherapie bei Magen-OP, wo „Erfolg“ auch als Absolvierung einer entsprechenden Dauer der Therapie definiert ist. Bei schwererem Übergewicht ist damit die Liposuktion als Kassenleistung nur schwer zu erreichen.
  4. Fachärztliche Diagnose und Indikationsstellung
    Um eine Liposuktion als Kassenleistung zu erhalten, ist eine fachärztliche Diagnose notwendig. Diese muss im sogenannten „Vier-Augen-Prinzip“ gestellt werden, was bedeutet, dass die Diagnose von mindestens zwei Ärzten erfolgen muss. Fachärzte für Innere Medizin und Angiologie, Physikalische und Rehabilitative Medizin sowie Haut- und Geschlechtskrankheiten können die Diagnose stellen, wenn sie über die entsprechende Zusatz-Weiterbildung in Phlebologie verfügen. Zudem muss die Indikationsstellung sowie die Durchführung der Liposuktion durch Fachärzte für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, andere Fachärzte des Gebiets Chirurgie oder Fachärzte für Haut- und Geschlechtskrankheiten erfolgen. Die verordnenden Ärzte sollen neben anderen Kontraindikationen auch mögliche vorab zu behandelnde psychische Probleme hinsichtlich des Lipödems im Blick behalten. Wie konkret das ausgestaltet wird, muss sich zeigen.
  5. Vorherige konservative Therapie
    Vor der Genehmigung einer Liposuktion als Kassenleistung muss über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten eine konsequente konservative Behandlung – etwa durch Kompressions- und Bewegungstherapie – durchgeführt worden sein. Erst wenn diese Maßnahmen keine ausreichende Linderung bringen und alle weiteren Bedingungen erfüllt sind, kann die Liposuktion verordnet werden.

Ein von der Entscheidung unabhängiger kritischer Punkt: Die konservative Therapie

Ein weiteres ungelöstes Problem bleibt die konservative Therapie: Kompressionsbestrumpfung und manuelle Lymphdrainage. Zwar wird die Liposuktion nun als Kassenleistung anerkannt, jedoch ist nach wie vor unklar, wie es mit der regelmäßigen Versorgung mit Kompressionsstrümpfen und -verbänden aussieht, die für viele von uns eine essenzielle Begleittherapie darstellen. In der Vergangenheit gab es immer wieder Probleme mit der Genehmigung der Kompressionstherapie durch die Krankenkassen, und auch jetzt bleibt fraglich, ob die Kassen ihre Unterstützung hier ausweiten werden. Insbesondere die „redaktionelle Änderung“ des Hilfsmittelverzeichnisses „Fortschreibung Produktgruppe 17 „Hilfsmittel zur Kompressionstherapie““ durch den GKV am 26.05.2025, nach der das reine Lipödem nicht mehr unter dem Punkt „Ödeme“ zur Versorgung mit Kompressionsbestrumpfung aber eben auch nirgendwo sonst aufgeführt wird, lässt viele Fragen offen. Es bleibt zu hoffen, dass nach der positiven Entscheidung des G-BA durch politischen und öffentlichen Druck auch hier das Pendel in unsere Richtung ausschlägt.

Kompressionsstrümpfe und -verbände sind für viele Lipödem-Patienten ein unverzichtbarer Bestandteil der Behandlung und akute Hilfe im Alltag. Die Unsicherheit, wie diese Therapie zukünftig gewährleistet wird, ist ein Punkt, den wir als Selbsthilfegruppe weiter beobachten müssen.

Fazit: Positiv, aber auch problematisch

Die Entscheidung, die Liposuktion als Kassenleistung anzuerkennen, ist grundsätzlich ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Für viele von uns bedeutet dies endlich eine breitere Zugänglichkeit zu einer dringend benötigten Behandlung. Doch die Bedingungen und Einschränkungen, die damit einhergehen, werfen Fragen auf und könnten viele Betroffene ausschließen.

Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Umsetzung dieser Entscheidung mit bürokratischen und medizinischen Hürden und zusätzlichen Anforderungen verbunden sein wird. Es bleibt abzuwarten, wie die Krankenkassen und behandelnden Ärzte diese Vorgaben in der Praxis handhaben werden. Wahrscheinlich bleibt die Einzelfallentscheidung für viele von uns auch weiterhin der einzuschlagende Weg eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse zu erhalten.

Auch in Bezug auf die konservative Therapie müssen wir weiterhin wachsam und laut bleiben und sicherstellen, dass diese ebenso zuverlässig und umfassend unterstützt wird. Hier müssen wir auf die Wichtigkeit der Kompressionsversorgung für uns als Betroffene weiterhin aufmerksam machen. #WirWerdenLaut

Falls ihr Fragen zu den neuen Regelungen habt oder weitere Informationen benötigt, stehen wir euch als Gruppe und SHG-Leitung natürlich jederzeit zur Verfügung. Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass diese Änderungen zu einer tatsächlichen Verbesserung für alle Lipödem-Betroffenen führen.

Weitere Infos zum Thema gibt es hier: Liposuktion bei Lipödem wird für alle Stadien zur Regelleistung

Euer Team der Selbsthilfegruppe Lily-Leben

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